

eSport ist längst kein Nischenphänomen mehr. Millionen verfolgen Turniere von Titeln wie League of Legends, CS:GO oder Dota 2. Parallel dazu wächst das Interesse an eSport-Wetten. Doch während andere Länder schrittweise regulatorische Wege für digitale Wettangebote schaffen, bleibt die Schweiz in einem juristischen Schwebezustand. Dieser Artikel analysiert die aktuelle Gesetzeslage, zeigt die Grenzen des Systems auf und beleuchtet, wie sich die Situation für Spieler und Anbieter entwickeln könnte.
Die regulatorische Struktur des Schweizer Geldspielrechts
Das Bundesgesetz über Geldspiele (BGS) im Fokus
Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Geldspiele (BGS) am 1. Januar 2019 wurde das Schweizer Glücksspielrecht modernisiert und vereinheitlicht. Es ersetzt die bisher getrennten Regelungen für Spielbanken und Lotterien und stellt den Spielerschutz in den Mittelpunkt.
Die drei zentralen Zielsetzungen des BGS sind:
- Schutz der Bevölkerung vor Spielsucht, Betrug und Geldwäscherei
- Sicherstellung einer fairen, transparenten Durchführung von Geldspielen
- Zweckbindung der Spielgewinne für AHV/IV und gemeinnützige Projekte
Die Einnahmen fließen zu einem erheblichen Teil in das soziale System: Über eine Milliarde Franken pro Jahr gehen an Altersvorsorge und kulturelle Einrichtungen.
Die Spielkategorien im BGS
Das BGS unterscheidet zwischen:
- Spielbankenspielen: Nur mit Konzession erlaubt, z. B. Roulette, Blackjack
- Grossspielen: Interkantonal oder online durchgeführt, z. B. Sportwetten, Lotterien
- Kleinspielen: Lokal, offline und nicht automatisiert, etwa Vereins-Tombolas
Sollten eSport-Wetten legalisiert werden, würden sie in der Regel als Grossspiel klassifiziert. Die Bewilligung dafür liegt bei der interkantonalen Behörde Gespa.
Zuständige Aufsichtsbehörden im Überblick
- ESBK (Eidgenössische Spielbankenkommission): Kontrolliert Spielbanken und Online-Casinos
- Gespa (Interkantonale Geldspielaufsicht): Zuständig für Lotterien und Sportwetten
Beide Behörden veröffentlichen Sperrlisten illegaler Anbieter. Schweizer Internetanbieter müssen den Zugriff auf diese Domains technisch blockieren.
Rechtliche Bewertung von eSport-Wetten in der Schweiz
Sportwetten gemäß BGS
Laut Artikel 3 lit. c BGS sind Sportwetten nur dann erlaubt, wenn sie sich auf den Ausgang eines „Sportereignisses“ beziehen. Andere Wetten – etwa auf politische Ereignisse – sind verboten. Das Gesetz definiert jedoch nicht, was unter „Sport“ zu verstehen ist.
Das rechtliche Vakuum beim Sportbegriff
Da der Begriff „Sport“ im BGS nicht definiert ist, verlassen sich Regulierungsbehörden auf externe Stellen. Die maßgebliche Instanz ist dabei das Bundesamt für Sport (BASPO).
BASPO: eSport ist kein Sport
Das BASPO erkennt eSport nicht als Sportart im klassischen Sinne an. Die Begründung:
- Fehlende körperliche Betätigung
- Geringe soziale Interaktion
- Gewaltinhalte widersprechen Jugendschutzprinzipien
Diese Bewertung ist ausschlaggebend: Ohne Anerkennung durch das BASPO können eSport-Wettbewerbe nicht als „Sportereignisse“ im Sinne des BGS gelten. Eine Zulassung als Sportwette ist somit ausgeschlossen.
Kein Ausweg über das Geschicklichkeitsspiel
Ein alternativer Weg wäre die Klassifizierung als „Geschicklichkeitsspiel“. Doch auch das greift nicht: Der Spieler setzt nicht seine eigene Geschicklichkeit ein, sondern wettet auf den Erfolg anderer. Das Gesetz kennt keine Kategorie für Wetten auf Geschicklichkeitsspiele.
Der Schweizer Wettmarkt und die Rolle der Monopolisten
Das staatlich geschützte Duopol
In der Schweiz betreiben nur zwei Anbieter legal Online-Sportwetten:
- Swisslos (Deutschschweiz und Tessin)
- Loterie Romande (Westschweiz)
Beide Plattformen („Sporttip“ und „Jouezsport“) sind streng reguliert. Gewinne fließen an Kantone und gemeinnützige Institutionen.
Kein eSport im Angebot
Beide Anbieter führen keine eSport-Wetten. Grund: Ohne gesetzliche Grundlage und behördliche Anerkennung des eSports als Sport ist ein entsprechendes Angebot rechtlich nicht möglich.
Ausländische Anbieter: Illegal, aber beliebt
Internationale Plattformen im Visier
Plattformen mit Sitz in Ländern wie Malta oder Curaçao bieten eSport-Wetten explizit für Schweizer Kunden an. Diese Angebote sind nicht zugelassen und daher illegal.
DNS-Sperren als Antwort
Die Gespa und ESBK arbeiten mit DNS-Sperren: Internetprovider blockieren den Zugang zu nicht lizenzierten Seiten. Nutzer erhalten eine Hinweismeldung beim Aufruf.
Effektivität begrenzt
Viele Nutzer umgehen die Sperren mit einfachen Mitteln wie VPNs. Die Marktkanalisierung scheitert somit teilweise. Ein legaler Binnenmarkt für eSport-Wetten könnte hier Abhilfe schaffen.
Risiken für Schweizer Spieler
Teilnahme nicht strafbar, aber riskant
Rechtlich gesehen ist die Teilnahme an illegalen Wetten nicht strafbar – das Anbieten hingegen schon. Trotzdem gibt es erhebliche Risiken:
- Kein Anspruch bei Streitigkeiten mit dem Anbieter
- Mögliche Einziehung der Gewinne bei Verfahren
- Keine Garantien für Datensicherheit oder Spielerschutz
Steuerliche Nachteile bei Gewinnen
- Gewinne bei Swisslos/Loterie Romande: steuerfrei bis 1.070.400 CHF (2025)
- Gewinne bei ausländischen Anbietern: voll steuerpflichtig, ohne Freibetrag
Ländervergleich: Schweiz, Deutschland und Österreich
Kriterium | Schweiz | Deutschland | Österreich |
---|---|---|---|
Gesetzliche Grundlage | BGS | GlüStV | Landesgesetze |
eSport als Sport anerkannt? | Nein | Nein | Kein Kriterium |
Legalität von eSport-Wetten | Nicht erlaubt | Eingeschränkt | Legal bei Lizenzierung |
Marktstruktur | Duopol | Multilizensiert | Offen, dezentral |
Fazit: Status quo und Zukunftsperspektiven
Derzeitiger Stand
eSport-Wetten sind in der Schweiz nicht legal. Der Grund ist strukturell: eSport wird nicht als Sport anerkannt, alternative Klassifizierungen sind gesetzlich nicht vorgesehen.
Was sich ändern müsste
- BASPO müsste eSport offiziell als Sport definieren
- Gesetzgeber könnte neue Wettkategorie für digitale Wettbewerbe schaffen
Eine Revision des BGS ist derzeit in Vorbereitung. Ergebnisse der Evaluation werden für 2026 erwartet.
Handlungsempfehlung für Spieler in der Schweiz
Wer aktuell auf eSport wetten möchte, agiert außerhalb des gesetzlich geschützten Rahmens. Es wird empfohlen:
- Nur bei transparenten, bekannten Plattformen zu spielen
- Sich der steuerlichen Verpflichtungen bewusst zu sein
- Auf ein mögliches legales Angebot in der Zukunft zu hoffen
Derzeit bleibt festzuhalten: Ein legaler eSport-Wettmarkt existiert in der Schweiz nicht, doch politische und gesellschaftliche Entwicklungen könnten mittelfristig eine Änderung bringen.